Illustration zum Märchen: Die Bremer Stadtmusikanten
Lizenz: gemeinfrei
So sprechen die ihrerseits dem Tode entronnenen Haustiere zum Hahn, der sein letztes Stündlein vor dem Ende im Suppentopf aus vollem Halse krähend begeht.
Der Satz ist die Quintessenz des Volksmärchens „Die Bremer Stadtmusikanten“[1], eine Parabel, die von der Furcht der Menschen vor dem Alter erzählt. Doch nur die Menschen treibt diese Furcht um. Tiere haben kein Geschichtsbewusstsein, keine Vorstellung vom Gestern und Morgen. Deshalb haben sie keine Angst vor dem Tod. Nur dem Sterben steht ihr angeborener Überlebensinstinkt, ihr Selbsterhaltungstrieb entgegen.
Stellvertretend für gebrechlich gewordene Menschen sind hier ausgemusterte Haustiere am Werk, auf die, nach treuen Diensten unnütz geworden, der Tod von der Hand ihres Herrn wartet.
Welch tragischer Ausblick !
Schicksalsergeben lassen sie den Kopf hängen, bis sie sich zusammentun und gemeinsam einer neuen Lebensperspektive begegnen.
Gegen das Altwerden ist kein Kraut gewachsen, noch je ein Jungbrunnen entdeckt worden. Es hilft nur der frühe Tod. Darauf nimmt das Sprichwort – entstanden aus Altersweisheit – Bezug: Wen die Götter lieben, den nehmen sie jung zu sich.
Ein bitterer Trost!
Wer nicht früh stirbt, muss sich mit den Schrecken des Alters auseinandersetzen: die Kräfte schwinden zu sehen, seinen Lebensunterhalt nicht mehr selbst verdienen zu können, auf Hilfe, Gnade und Mitgefühl angewiesen zu sein. Notgedrungen muss er eine neue Rolle in der Gesellschaft finden.
Den Bremer Stadtmusikanten gelingt sogar Selbstbestimmtheit. Sie gründen ein wehrhaftes Altenheim, eine Alten-Wohngemeinschaft, in der jeder seinen Platz und seinen Unterhalt findet, wo sich die verbliebenen Fähigkeiten ergänzen.
Man muss nicht weitblickend sein, um zu erkennen, dass dieser Ausblick naturgemäß kurzlebig ist: Ein üppig ausgestattetes Räuberhaus, fernab im schützenden Wald. Dass die Vorräte endlich sind, ist Teil des Entwurfs dieses letzten Lebensabschnitts. Er verweist auf die Begrenztheit der vom Glück begünstigten Notgemeinschaft.
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