Gymnasium Arnoldinum (Burgsteinfurt)
Fotograf: Thomas Max Müller / pixelio.de
Penne ist ein umgangssprachliches Wort für Schule. Im Sprachgebrauch gehört es zu dem Typ Gymnasium, der früher dem Nachwuchs der gebildeten Schicht zugänglich war. Es hat eine Konnotation von liebevoller Respektlosigkeit, wie sie für Schüler der gymnasialen Oberstufe, schon fast am Ziel ihrer Schullaufbahn angekommen und sich auf der Schwelle zum klassischen freien Studentenleben begreifend, typisch ist.
Der Name Penne assoziiert zuerst pennen, salopp für schlafen, wovon auch der Name Penner für einen Landstreicher oder Obdachlosen zeugt. Die Schule hat somit den Beiklang eines Ortes, wo man abschaltet und vor sich hin döst, während der Lehrer vom Katheder aus seinen Stoff doziert.
So kennt man die Penne aus dem Film „Die Feuerzangenbowle“. Beim Schauen verliert sich unmerklich, dass es sich um eine erdichtete Rahmenerzählung handelt, die mit einem Augenzwinkern den idyllischen gymnasialen Schulalltag wie eine Romanze wiederbelebt. Schon damals, in den dreißiger und vierziger Jahren, gehört diese Art von Penne der versunkenen Jugendepoche älterer Herren an, die in Zigarrennebelschwaden in Erinnerungen schwelgen und sich in die unbeschwerte Pennälerzeit zurückversetzt fühlen. Skurrile Lehrerexemplare – der kauzige Physiklehrer neben dem schneidigen Klassenlehrer und ein zeusbärtiger Direktor, der, gleich herabgestiegen vom Bildungsolymp, die höhere Lehranstalt mit Güte und Gerechtigkeit leitet. Dazu die Gymnasiasten – Zöglinge in kurzen Hosen, Primaner in knapp werdenden Anzügen. Kichernde höhere Töchter mit Bubikragen und Haarschleife vom benachbarten Lyzeum.
Damals wie heute passen sich die Schüler dem Stil und der Autorität ihrer Lehrer an, zeigen ausgesuchte Manieren oder lümmeln sich in den Bänken, je nachdem, was von ihnen erwartet wird und was sie sich glauben erlauben zu können. Sie „pennen“, schlafen, sind unaufmerksam.
Deshalb ist Penne, versteht man den Namen als vordergründigen Spitznamen für eine Lehranstalt, eigentlich ein Euphemismus, der einer lässigen Jugendzeit entstammt.
Eigentlich aber ist Penne die Verballhornung eines bildungssprachlichen Hintergrundes. Das passt auch zu der Rolle des Gymnasium als einer Lehranstalt für eine schmale Bildungsschicht. In Penne steckt das lateinische Wort penna, die Flugfeder, Italienisch penne [1]. Früher schrieb man mit der Gänsefeder, dem Federkiel, der in schrägzulaufend angeschnittener Spitze in die Tinte getaucht wurde. Im Deutschen ist dies noch an Schreibfeder und Füllfederhalter ablesbar, im Englischen an pen und pencil.
Die Penne ist also der Ort, wo der Pennäler das Schreiben lernt, übt und anwendet, der Ort des Umgangs mit Schreibwerkzeug. Schreiben ist eng verknüpft mit Lernen, denn zu Lernendes muss verschriftlicht werden, um es verfügbar, behaltbar, transportierbar zu machen. Verschriftlichung gewährleistet darüber hinaus, Gelerntes überprüfbar darzustellen, Leistungsnachweise zu erbringen. Für all das ist das Schreiben und das Schreibutensil, die „Feder“ – noch heute ein Merkmal geistiger Arbeit – ein Symbol.
[1] Dass das italienische Wort für eine gängige Nudelsorte gleichlautend ist, ist so gesehen kein Zufall. Die Form erinnert durch ihren diagonalen Zuschnitt, der die Aufnahme der Pastasauce gewährleisten soll, an einen Federkiel.
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